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Geboren in Lauenbruch.........

 

 

Lorenz Harms, geb. am 31. August 1781 in Lauenbruch, verheiratet mit Dorothea Meyer, ebenfalls geboren in Lauenbruch. Bis zu diesem Datum konnte ich die Vorfahren meines Vaters zurückverfolgen. Sie stammen alle aus Lauenbruch.

 

Lauenbruch, wo liegt das ? Wissen Sie es ? Lauenbruch existiert nicht mehr. An das Dorf Lauenbruch, das früher zwischen Moorburg und der Vogtei Neuland lag, erinnern nur noch Straßennamen und der nordöstliche Teil des Seehafenbeckens 1, der als "Lauenbrucher Hafen" überlebt hat.

 

Lauenbruch war einst ein stattliches Dorf, eine echt niedersächsische Siedlung mit strohbedeckten Wohn- und Wirtschaftsgebäuden am Elb-deich. Dahinter lagen weitausgedehnte saftige Wiesen und Weiden, auf denen Hunderte von Kühen und Pferden reiche Nahrung fanden.

 

 

Ortsansicht von Lauenbruch

 

 

Wann der Ort Lauenbruch gegründet ist, lässt sich mit Bestimmtheit nicht nachweisen. Vielleicht ist er schon gleichzeitig oder etwas später unter Karl dem Großen, der die "Horeburg" (Sumpfburg, später Schloss Harburg) anlegte, entstanden. Die Nähe der Burg gewährte den Bewohnern den Vorteil, dass sie sich bei Überschwemmungen und feindlichen Einfällen (Wenden) in die hohen festen Mauern zurückziehen konnten. Man nimmt an, dass die ersten Ansiedler Fi-scher waren, die bei dem damaligen Fischreichtum der Elbe bequem ihren Lebensunterhalt fanden.

 

Der Name Lauenbruch lautet in alter Zeit "Langenbrook" oder "Lan-genbruch", was sich leicht aus der Lage des Ortes erklären lässt. Man

 

 

 

 

 

 

 

vermutet, dass bis zum 12. Jahrhundert das Elbtal bis Harburg und Hamburg zur Hochwasserzeit einen breiten Meerbusen bildete, der an der nördlichen und südlichen Seite von den 50-70 m hohen Geest-

rücken (Blankeneser Höhen, Schwarzenberge) begrenzt wurde. Bei niedrigem Wasserstand traten die hier in der Elbe liegenden "Werder", "Sande" oder "Scharen" als größere oder kleinere morastartige Inseln zu Tage. Am Rande blieb ein fruchtbarer, sumpfiger Marschstreifen als sogenanntes Vorland liegen, welches von den anfänglich sächsi-schen, später holländischen Kolonisten nach und nach eingedeicht und so den Grund und Boden der Elbdörfer abgab.

 

Ehemals gehörte diese Gegend am südlichen Elbarm zur Grafschaft Stade. Nach dem Aussterben des Stader Grafengeschlechts bildete das Schloss "Horeburg" und Umgegend lange Zeit einen Zankapfel zwischen den Erzbischöfen von Bremen-Hamburg und den welfischen Herzögen von Braunschweig-Lüneburg, bis es 1257 Herzog Albrecht und sein Bruder Johann durch einen Vergleich als Eigentum erwarben.

 

Nach dem aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammenden Harburger Amtslagerbuch war Lauenbruch ein Ort von 13 "geringen" Höfnern und 7 Kötnern, die ihre Weideflächen für ihr Vieh jenseits der Elbe zwischen der Moorburger Weide und dem "Hohen Schaar" hatten. Die "Butenweide" hatten die Bewohner käuflich erworben. Auch das Hohe Schaar war an Lauenbruch verpachtet. Sie umzogen dies Stück Land sowohl als auch ihr erworbenes Weideland mit einem Sommerdeich. Ihre Feuerung entnahmen die Höfner dem Harburger Moor. Das Elbdorf Lauenbruch gehörte zur Kirchen- und Schulgemeinde Harburg. Erst später bekam der Ort eine eigene Schule, die er bis zur Einverleibung nach Harburg im Jahre 1906 besaß. Lange Jahrhun-derte hindurch war Lauenbruch eine eigene Vogtei. Es gab einen Vogt Thomas Harmens. Eventuell war dies auch ein Vorfahre meines Vaters. Aus alten Akten ist ersichtlich, dass der Name Harms aus Harmens hervorgegangen ist.

 

Der Nachbarort Lauenbruchs, Moorburg, wurde 1360 von Hamburg aus gegründet. Moorburg und Lauenbruch waren durch einen Grenz-graben getrennt. Obwohl sie Nachbarn waren, konnten sie sich nie so recht vertragen, was wohl darin seinen Grund hatte, dass sich die Moorburger als Hamburger Staatsbürger zu erhaben dünkten. Zu einer blutigen Auseinandersetzung soll es zwischen den beiden Orten gekommen sein, als die Moorburger nach einer Sturmflut zur Wieder-herstellung ihres Deiches Erde und Grassoden von der "Lauenbrucher Weide" auf der Hohen Schaar, entwendeten. Auch wegen der Schifffahrts- und Fischereirechte gab es Streitereien. Außerdem kam es zum Streit mit Hamburg wegen der Zollabgabe. Die Auseinandersetzungen zwischen dem zu Harburg gehörenden Lauenbruch und dem zu Hamburg gehörenden Moorburg wurden immer stärker, bis sich die jeweiligen Landesbehörden einschalteten. Harburg ließ zwischen Moorburg und Lauenbruch einen Grenzgraben aufwerfen, den die Moorburger wieder zuschütteten. Darauf hin sandte Harburg 130 Arbeiter, die den Deich bei Moorburg durchstechen sollten. Es kam wieder einmal zu einer wüsten Schlägerei und Hamburg sandte bewaffnete Truppen zur Unterstützung nach Moorburg. Jetzt mussten sich die Harburger zurückziehen und es kam zu einem Vergleich mit Hamburg. Die Daniel-Freesesche Karte bezieht sich auf diese Tatsache.

 

 

 

 

 

 

Auszug aus der Freeseschen Karte

 

 

Die Bewohner Lauenbruchs und der anderen Elborte sind oft durch schwere Schicksalsschläge heimgesucht worden. So berichtet die Schulchronik, dass Ende des 16. und Beginn des 18. Jahrhunderts viele Menschen durch die Pest gestorben sind. Besonders schlimm erging es ihnen während des 7jährigen Krieges, als Franzosen das Harburger Schloss besetzten und von dort ihre Raubzüge in die benachbarten Orte führten. Schweres Leid erfuhr das Dorf Lauen-bruch zu Anfang des 19. Jahrhunderts in der sogenannten Franzosen-zeit. Gleich nach Neujahr 1814 wurde das in Harburg liegende fran-zösiche Heer arg bedrängt von den Russen. Am 21. Januar zündete der Feind die der Festung am nächsten liegenden Häuser Lauenbruchs an, wenige Tage danach wurde fast der ganze Ort in Asche verwandelt. Die Lauenbrucher bauten ihr Dorf wieder auf. Eine alte Hausinschrift des Hauses Nr. 19 erinnert an die kummervolle Zeit:

 

Mein altes Haus liegt jetzt zerstört

durch fürchterlichen Brand verzehrt.

Dies hat der Herr durch Krieg gethan.

Wir sahen es mit Schrecken an.

Erbarmer, ach vor Gluth und Raub und anderer Noth

schütz uns in diesem neuen Haus,

dass künftig hin mag grosser Segen

auf allen unsern Wegen erfreulich sei.

 

Lauenbruch sowie die anderen Elborte mussten im Laufe der Jahre viele Sturmfluten sowie Feuersbrünste über sich ergehen lassen, aber das Schlimmste für die Bewohner Lauenbruchs muss die Auflösung ihres Ortes gewesen sein. Es ist eine unumstößliche Wahrheit, dass die in unmittelbarer Nähe einer emporstrebenden Handels- und Indu-striestadt gelegenen Ortschaften zum einen davon profitieren, andererseits sich dem wirtschaftlichen Ganzen fügen und unter-werfen müssen. Harburg war im Begriff, sich zu einer Großstadt zu entwickeln.

 

So genügte der Harburger Binnenhafen nicht mehr dem zunehmenden Schifffahrtsverkehr. Selbst die erst 1881 erbaute neue Schleuse erwies sich nach und nach als zu klein, um den mittelgroßen Seeschiffen den Durchgang und damit die Einfahrt in den Hafen zu

 

 

 

 

gestatten. Mehr oder minder war der Handel Harburgs abhängig von der nahen Großstadt Hamburg. Wollte man diesem Riesen gegenüber Harburg den Charakter als selbständige Handels- und Industriestadt erhalten, so war man gezwungen, an eine Erweiterung des Hafens durch Aushebung neuer Wasserbecken zu denken. Als geeignetes Gelände hierfür bot sich die westlich von Harburg zwischen dem Elb-deich und der Unterelbebahn bzw. Staderheerstraße bis Moorburg (2 km) erstreckende Gemarkung Lauenbruch.

 

Als im Jahre 1888 die beiden Vororte Heimfeld und Wilstorf der Stadt angeschlossen wurden, begannen auch die ersten Verhandlungen wegen Erwerbung Lauenbruchs, die jedoch am Widerspruch der Ein-wohner Lauenbruchs vorerst scheiterten. Da auch die späteren Unter-handlungen erfolglos blieben und inzwischen die staatliche Beihilfe für die Hafenerweiterung genehmigt war, wurde das Enteignungs-verfahren eingeleitet. Am 5. März 1902 erhielt die Stadt Harburg das Enteignungs- und Kaufrecht für das erforderliche Hafengelände, und verpflichtete sich, die Erschließungskosten und die Kosten für Gleis- und Straßenanlagen mit Hilfe erheblicher Kredite eines Bankenkonsortiums zu übernehmen. Insgesamt handelte es sich um 23 Hofstellen mit etwa 60 Wohngebäuden, die zwangsweise von der Stadt Harburg erworben wurden. Dadurch gewann die Stadt ein Areal von 169 Hektar. Die Grundeigentümer wurden nach der Enteignung vom Bezirksausschuss Lüneburg entschädigt, was eine Vielzahl von Enteigneten dazu veranlasste, Prozesse anzustrengen, die tatsächlich meistens zu einer Erhöhung der Entschädigungssumme führten. Lauenbruch wurde am 1. April 1906 der Stadt Harburg einverleibt.

 

Am 3. April 1903 wird der Bauauftrag für die ersten drei Hafenbecken ausgeschrieben. Im Jahre 1904 begann man mit dem Abbruch der enteigneten Gebäude. Einige Wohnhäuser blieben noch im Privatbe-sitz, da das 4. Hafenbecken noch nicht ausgebaut werden konnte. Da vorläufig noch 6 Gebäude im Westen Lauenbruchs stehenblieben, nannte man diesen Dorfteil "Lauenbruch West", während der nach Harburg gelegene Teil als "Lauenbruch Ost" bezeichnet wurde.

 

Als das für den Bau der ersten drei Hafenbecken benötigte Gelände freigemacht war, begann man sofort mit den Baggerarbeiten und bald entstanden an den Stellen, wo einst ein blühendes Bauern- und Fischergeschlecht Jahrhunderte hindurch schaltete und waltete, und wo auf den Wiesen und Weiden Rindvieh und Pferde in großer Zahl nebeneinander reichlich Nahrung fanden, große Wasserflächen, umgeben von mächtigen Fabrikanlagen, Lagerschuppen, Kränen, hoch emporragende Schornsteine, Fahrstraßen und Schienenstränge.

 

Die Kosten der Hafenanlagen taxierte man auf 12 Mill. Goldmark, und zwar 5 Mill. Mark für den Ausbau der ersten drei Häfen, 2,5 Mill. Mark für den zweiten Teil (das 4. Hafenbecken) und 3,8 Mill. Mark für den Grunderwerb. Der Staat gab für den Bau des ersten Teils dem Hafen-baukonsortium eine Beihilfe von 2,5 Mill. Mark.

 

Die drei ersten Hafenbecken haben insgesamt eine Fläche von 122 Hektar. Ihre Bauzeit betrug 4 Jahre. Das vierte Hafenbecken wurde 1927 gebaut.

 

 

Süderelbe mit den vier Hafenbecken

 

 

Die Bewohner Lauenbruchs suchten sich neue Wohnstätten. Einige blieben im Stadt- oder Landkreis Harburg, andere kauften sich im Hol-steinischen oder Lüneburgischen neue Hofstellen. Wie schwer mag ihnen der Abschied gewesen sein.

 

Zu diesen Bewohnern, die Abschied nehmen mussten, gehörten auch meine Großeltern Johann Lorenz Heinrich Harms, geb. am 6. Dezember 1872 in Lauenbruch, und seine Ehefrau Frieda. Sie fanden mit ihrer Familie ein neues Zuhause in Neuland.

 

 

Johann Lorenz Heinrich Harms und Ehefrau Frieda

 

Eine Geschichte sondergleichen hat das verschwundene Dorf erlebt. Wer je bei einer Deichwanderung zur Frühlingszeit das schmucke Elb-dorf mit seinen den Krümmungen des Deiches folgenden Häuserrei-hen, auf den Dächern hier und da ein Storchennest, dazwischen blü-hende Obstbäume, dahinter grüne Wiesen mit weidenden Kühen und ganz im Hintergrund den dunklen Wald der Hake: Wer dieses Bild ein-mal in sich aufgenommen, dem werden die letzten Tage von Lauen-bruch sicher unvergesslich geblieben sein:

 

"Und bist du von der Erde verschwunden,

Das Wasser geht über dich hin"

 

 

 

(Quellen: Zeitungsberichte Helmsmuseum)

 

 

 

Harburg, 11.08.03

Elfriede Hinrichs