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Harburger Luftexpreß
   

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Drahtseilbahn für Harburg

Es ist wirklich kein Märchen, auch wenn dieser Text mit "Es war einmal" beginnen würde. Es

gab in Harburg (an der Elbe) tatsächlich einmal eine Drahtseilbahn. Sie führte von einem

Heidberg im Bereich des Frankenberges über den Tivoliberg, bis in eine große Ausschachtung

der damaligen Staatsbahn hinter der ehemaligen Jutespinnerei und Weberei. Das war eine

Strecke von annähernd zwei Kilometern Luftlinie. Diese "Luftbahn" wurde im September 1888,

angetrieben von einer in der Ausschachtung der Bahn stehenden Lokomobile, in Betrieb gesetzt.

Dem Hamburger Unternehmer Claussen war nicht verborgen geblieben, dass Hamburg in den

90er Jahren des 19. Jahrhunderts einen neuen Hauptbahnhof erhalten sollte. Claussen verkaufte

Kies, Sand und Steine, aus den ihm gehörenden Gruben. Er hatte auch ein Terrain am Frankenberg

erworben, um den dort vorhandenen Kies und Sand abzubauen. Für den Abtransport hatte er sich

eine Drahtselbahn ausgedacht, für die er beim Königlichen Landratsamt die Genehmigung

beantragte.

Zuvor aber mußte noch eine Einigung mit den Grundeigentümern, über deren Grundstücke

(meist Felder) die Bahn führen sollte, herbeigeführt werden. Erforderlich war ein 6 Meter

breiter Feldstreifen. Claussen bot als Jahrespacht je Rute (je nach Land, zwischen 3 und 5

Metern) 7 1/2 Silbergroschen an. Entstehende Schäden sollten den Verpächtern gesondert

vergütet werden.

Ein so "waghalsiges" Unternehmen konnte damals natürlich nicht so ohne weiteres genehmigt

werden. Erst einmal bekam die Lüneburger Gendarmerie den Auftrag das Gelände in Bezug auf

Sicherheit zu inspizieren. Dazu hat ein Lüneburger Fußgendarm folgendes notiert: "Diejenigen

Höfner aus Wilstorf, welche gegen diese Bahnanlage sind, befürchten hauptsächlich, dass sich

ihr Vieh im Felde und namentlich die Pferde bei Beackern des Landes und dergleichen, vor den

in der Luft daherkommenden Drahtseilzügen scheuen werden und dabei Unheil herbeigeführt werde". Auch auf eine weitere Notwendigkeit wies der Gendarm noch hin: "Dort, wo die

Luftbahn über öffentliche Wege fahren würde, müßten Schutzvorrichtungen (Schutzbrücken)

hergestellt werden, so dass bei einem etwaigen Abfallen des Zuges oder einzelner Wagen vom

Seil, Unfälle für Mensch und Tier vermieden werden".

Weil Wilstorf am 1. Juli 1888 in die Stadt Harburg eingemeindet wurde, mußte der Unternehmer

Claussen seinen Antrag für den Betrieb der Drahtseilbahn noch einmal beim Harburger Magistrat

wiederholen. Claussen verwies in diesem Antrag darauf, dass große Lieferverträge vorlägen und

jeder Tag Verzögerung große Verluste bringen würde. Als Zweck der Bahn gab Claussen an:

"Auf schnelle und rationelle Weise Sand, Kies und Steine der Staatsbahn zur Verfrachtung und

zum Selbstverbrauch zuzuführen".

Die Dringlichkeit wurde von Harburgs Magistrat anerkannt und die Genehmigung sehr zügig

erteilt, so dass der Betrieb der Bahn, nachdem Schutzbrücken über die Winsener Straße, den

Kapellenweg, den Reeseberg und andere Gefahrenstellen gebaut waren, anlaufen konnte. Auch

mit den Verpächtern und Eignern der überquerten Grundstücke konnte man sich relativ schnell

auf der vorgeschlagenen Basis einigen. Die Luftbahn führte über den Tivoliberg hinweg an der

"Jute", wie sie im Volksmund genannt wurde, vorbei und dann zur Entladung auf das Gelände

der Staatsbahn. Der Unternehmer Claussen rechnete mit 150 000 Mark Kosten für diese

Transportanlage. 60 bis 100 Arbeitskräfte sollen dort täglich beschäftigt sein.

In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts wechselte die Luftbahn ihren Besitzer. Als

dann 1897 der 3. Harburger Bahnhof (heute: Harburg-Hauptbahnhof) seiner Fertigstellung

entgegen ging, wurde der Sandbedarf für die Harburger und Hamburger Bahnanlagen

langsam geringer. Auch das Holz der Schutzbrücken war allmählich morsch geworden, so

dass der Betrieb der Bahn nicht mehr rentabel aufrecht zu erhalten war. Sie wurde deshalb

zum 1.Oktober 1904 gekündigt und im April 1905 abgebrochen.